Mensch – Heil oder Dorn der Schöpfung
Gierend, mehrend
haben wir machtvoll das Maß für das Ewige verloren.
In der Schattenwelt nähren die Dornen der Menschheitskrone
den Schmerz der Gaia vor dem drohenden
Abschied voneinander.
Wer maßlos nimmt, der leert, setzt die Dornen
tief unter ihre bewahrende Haut,
die der Menschheit Zukunft schenkt.
Flaschenpost auf den steigenden Weltmeeren:
Wer vermisst den Weltenkreis am Ende des Wachstums neu?
Wer schürft im Chaos der Weltordnung tief
bis an den Seelengrund?
Wer würdigt alles Leben, als wäre es das Eigene?
Wer erdet die Pole in den Kreislauf?
Wer sät und hütet natürliches Wachstum
bis es Früchte trägt und heilt?
Wer heilt,
entdornt das schmerzende Geflecht der Menschheitskrone,
setzt weiße Segel im Wald der tausend Bäume,
zitiert die Mächte vor die Demut,
bis an jene Schwelle hinter der das Licht der Einheit scheint:
Hüte den Schatz der Weisheit,
sorge für das gemeinsame Haus.
Das Gebet hebt,
vereint die Götter auf das Eine über den Dämonen.
Silberstreifen am Horizont.
Du bist gemeint.
Eine zweite Erde gibt es nicht!
Peter Michael Lupp
Mensch
Heil oder
Dorn der
Schöpfung
Eine künstlerische Prozessarbeit über die Zukunft der Erde
1 → Katholische Kirche
Maria Heimsuchung Auersmacher
2 → KulturOrt Wintringer Kapelle
Wandlung
Martin Steinert [Bildhauer]
François Schwamborn [Lichtkunst]
Anlässlich der Passionsspiele 2020 in Auersmacher haben der Bildhauer Martin Steinert und der Lichtkünstler
François
Schwamborn unter dem Titel: Mensch - Heil oder Dorn der Schöpfung auf das Symbol der Dornenkrone als
Leidenswerkzeug
Jesu Christi im Kontext des aktuellen ethischen und ökologischen Chaos in der Weltordnung reagiert.
Im Kirchenraum scheinbar schwebend über dem Chor, dem Ort der Wandlung, hat Martin Steinert in wochenlanger Arbeit
aus
unzähligen Stäben aus regionalem Holzvorkommen ein überdimensionales Zitat einer Dornenkrone geschaffen.
Diese hölzerne
„Dornenkrone der Menschheit” wirkt jedoch nicht für sich alleine, sie wird zur Projektionsfläche
einer Lichtinstallation
des Lichtkünstlers François Schwamborn. Dem Künstler geht es darum, kurzsichtiges und eindimensionales
Sehen zu durchbrechen. Auf der Suche nach dem
Heilsamen durchleuchtet er sprichwörtlich das System der „Menschheitskrone” von Martin Steinert und
trifft auf
Widersprüche. Ein Prolog des Kurators Peter Michael Lupp eröffnet das Werk.
Ein Video der Lichtinstallation, das auf den zugehörigen Internetseiten eingestellt wurde, vermittelt
einen Eindruck des Werkes.
Das Werk thematisiert eine menschliche Weltengemeinschaft, die sich offenbar oder subtil als „Krönung“ der Schöpfung
empfindet und mit einer Geste der Überheblichkeit gegenüber der Natur die Lebensgrundlage künftiger Generationen
verdornt. Der künstlerische Prozess versucht die Dualität/Polarität der aktuellen weltethischen Grundierung und die
scheinbare Ohnmacht, die sie auslöst, mit der Sprache der Kunst zu visualisieren.
Hauptschauplatz ist die katholische Kirche Maria Heimsuchung in Auersmacher. Vor Ort über dem Chor der Kirche
korrespondiert ein Zitat einer Dornenkrone aus Holz und Licht mit Inhalten der Passion Christi und dem Credo der Laudato
si‘ von Papst Franziskus. Ein öffentlicher Diskurs über die Eckpfeiler einer zukunftsfähigen Entwicklung unseres
Lebensraumes begleitet den Prozess. Ein weiterer Schauplatz des prozessorientierten Werkes ist der benachbarte KulturOrt
Wintringer Kapelle auf dem Wintringer Hof.
„Das Bild einer Dornenkrone, die wuchernd unsere Erdkugel umschlingt und mit stetig nachwachsenden Dornen, unseren
Lebensraum mit seinen einzigartigen Kostbarkeiten verletzt und ausbluten lässt, hat sich in mir als Metapher für den
Zustand unseres Erdballs verfestigt. Die Umsetzung dieses Bildes in meiner mehrteiligen Arbeit soll jedoch nicht als
Requiem für ein sterbendes Lebewesen verstanden werden, sondern als Appell für eine neue Wertschätzung unseres Planeten
und seiner Ressourcen. Die Lichtkunst, die bei der Installation in der Kirche von Auersmacher zum Tragen kommt, mag
dabei die flackernden Hoffnungsschimmer symbolisieren, die noch nicht gänzlich erloschen sind“,
erläutert Bildhauer Martin Steinert die Beweggründe seiner künstlerischen Beiträge.
Das Werk gestaltet sich als mehrstufige Prozessarbeit, bei der die Betrachter mit einbezogen werden:
1 → Hauptschauplatz
Kath. Kirche Maria Heimsuchung Auersmacher bis 1. Juni 2020
Eröffnung: 14. Februar 2020, 19 Uhr
2 → KulturOrt Wintringer Kapelle
per annum MMXIX – MMXX
WANDLUNG
Nach Abschluss der Projektphase in Auersmacher ist ab Juni 2020 eine [Ver]wandlung der Dornenkrone in eine symbolische
Erdkugel geplant, die auf dem Wintringer Hof am KulturOrt Wintringer Kapelle gezeigt wird. Dieser Vorgang zitiert den
anstehenden Wandel der ethischen und ökologischen Gesinnung innerhalb der Menschheit, ohne den sie keine Zukunft haben
wird. Ein Aussitzen und Nichtstuns wäre zu viel für unseren Planeten: Nie war mehr Verursachung als jetzt und darum nie
mehr Verantwortung für die zukünftigen Generationen.
Kunst lebt von der Fähigkeit das Gefüge der Welt mit anderen Augen zu sehen und neu zu vermessen.
Mit dieser Intension hat sich Martin Steinert mit der Zukunft der Schöpfung auseinandergesetzt. Zunächst sind Modelle
aus Metall entstanden, um den drängenden Fragen ein Bild zu geben. Diese Modelle werden am KulturOrt Wintringer Kapelle
ab Winter 2019 gezeigt.
Vor dem vermauerten Eingang der rechten Innenfassade sind Fragmente einer Erdkugel zu sehen, die von einer Dornenkrone
auseinander gesprengt wurden. Ein verstörender Triptychon aus zwei Halbschalen, die von der Dornenkrone flankiert
werden, verweisen auf den „Worst Case“ bei dem die kurzfristigen Interessen der gegenwärtigen Weltengemeinschaft ihren
Nachkommen einen geplünderten und gespaltenen Planeten hinterlassen.
Demgegenüber spiegelt in der Nische der vermauerten Tür zur Sakristei eine Erdkugel die Vision einer ethischen
Selbstvermessung und Neuorientierung der Menschheit, die auf ein heilsames, vernetzendes Miteinander aufbaut, das
schließlich eine kulturelle Evolution bewirkt. Dieser heilende Transformationsprozess erinnert entfernt an den Vorgang
der Wandlung in der katholischen Eucharistie-Feier, die in dem mittelalterlichen Kirchenraum über Jahrhunderte
zelebriert wurde: Eine Geschichte der Heilung. Im christlich-religiösen Kontext wird bei dieser [Ver-]wandlung eine neue
Wesentlichkeit verwirklicht. Das worauf es ankommt – das „Eigentliche“ – wird verwandelt in eine neue Wirklichkeit. Auf
diese Wandlung möchte der vernetzte, entdorte Erdenkreis des Bildhauers anspielen.
Projektträger: junge bühne auersmacher
Vorsitzender/künstlerischer Leiter der Passionsspiele Auersmacher: Josef Lang,
junge-buehne@t-online.de, www.junge-buehne-auersmacher.de
Kurator: Peter Michael Lupp, Kulturreferent Regionalverband Saarbrücken, peter.lupp@rvsbr.de
Projektpartner: Regionalverband Saarbrücken, Gemeinde Kleinblittersdorf, Großpfarrei Saarbrücken,
Kirchenkreis Saar-West der Evangelischen Kirche im Rheinland, UNESCO-Biosphärenreservat
Bliesgau, Wintringer Hof | KulturOrt Wintringer Kapelle
Wissen + Handeln. Eine engagierte Kunst inspiriert Lebensraum.
Kurzbiografien der Künstler
Martin Steinert | 1959 in Saarbrücken geboren | 1979–81 Ausbildung zum Bildhauer | 1981–85 Studium der Kunstgeschichte,
Universität Saarbrücken | 1984–87 Führung einer Galerie für zeitgenössische Kunst, Saarbrücken | seit 1988
freischaffender Bildhauer | 1999–2007 Atelier in der Alten Kapelle, Sulzbach | seit 2009 Atelier im KuBa |
Internationales Kunstprojekt: www.woodencloud.de | www.martinsteinert.net
François Schwamborn | 1986 in Saarbrücken geboren | Licht- und Animationskünstler | 2014 Diplom im Fachbereich Media
Arts and Design an der HBK Saar | freischaffender Künstler und Lehrbeauftragter an der HBK Saar | Leiter beim Projekt
„Rotationen“ | Schwerpunkt seiner künstlerischen Arbeit ist die Auseinandersetzung mit dem Wahrnehmungsapparat des
Menschen und dessen Grenzen | www.francois-schwamborn.com
Papst Franziskus
Enzyklika Laudato si’ – Über die Sorge für das gemeinsame Haus
Auszug
...Wenn sich der Mensch unabhängig von der Wirklichkeit erklärt und absoluter Herrscher auftritt, bricht seine
Existenzgrundlage selbst zusammen. Es wird keine neue Beziehung zur Natur geben ohne einen neuen Menschen...
14. Ich lade dringlich zu einem neuen Dialog ein über die Art und Weise, wie wir die Zukunft unseres Planeten
gestalten.
Wir brauchen ein Gespräch, das uns alle zusammenführt, denn die Herausforderung der Umweltsituation, die wir erleben,
und ihre menschlichen Wurzeln interessieren und betreffen uns alle. Die weltweite ökologische Bewegung hat bereits
einen
langen und ereignisreichen Weg zurückgelegt und zahlreiche Bürgerverbände hervorgebracht, die der Sensibilisierung
dienen. Leider pflegen viele Anstrengungen, konkrete Lösungen für die Umweltkrise zu suchen, vergeblich zu sein, nicht
allein wegen der Ablehnung der Machthaber, sondern auch wegen der Interessenlosigkeit der anderen...
Die Haltungen, welche – selbst unter den Gläubigen – die Lösungswege blockieren, reichen von der Leugnung des
Problems
bis zur Gleichgültigkeit, zur bequemen Resignation oder zum blinden Vertrauen auf die technischen Lösungen. Wir
brauchen
eine neue universale Solidarität. Wie die Bischöfe Südafrikas sagten, „bedarf es der Talente und des Engagements
aller,
um den durch den menschlichen Missbrauch der Schöpfung Gottes angerichteten Schaden wieder gutzumachen“. Alle können
wir
als Werkzeuge Gottes an der Bewahrung der Schöpfung mitarbeiten, ein jeder von seiner Kultur, seiner Erfahrung, seinen
Initiativen und seinen Fähigkeiten aus...
Weitere Info: www.dbk.de/themen/enzyklika-laudato-si/
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