Tage der bildenden Kunst
Im Rahmen der Tage der bildenden Kunst der Landeshauptstadt Saarbrücken ist der KulturOrt Wintringer Kapelle am Sonntag, den 28.9., von 10–18 Uhr geöffnet. Gezeigt werden die aktuelle Jahresausstellung „Zukunft Schreiben“ von Monika Schrickel und die Installation „Die Grenzen des Wachstums“ von Hermann Bigelmayr.
Weitere InformationenMonika Schrickel – ZAHLEN Numerus
Vom ewigen Rhythmus der Zahlen
Am 12. April 2025 jährte sich der Todestag von Monika Schrickel zum dritten Mal. Aus diesem Anlass wird am KulturOrt Wintringer Kapelle im Rahmen der Jahresausstellung „Zukunft schreiben“ ein neues Werk der Künstlerin Monika Schrickel gezeigt. Thema ist die Zahl als Ergänzung zum Wort, das in einigen besonderen Werken der Künstlerin vor Ort zum Tragen kommt.
„Die Zahl ist das Wesen aller Dinge“, soll Pythagoras bereits im 6. Jh. v. Chr. gesagt haben. Unbestritten sind Worte eng verbunden mit den Gesetzen der Zahlen, die auf ihre Weise Zukunft schreiben. König Salomo (10. Jh. v. Chr.) bringt das Zahlenwissen sogar mit der Weisheit Gottes, der alles mit Maß, Zahl und Gewicht geordnet haben soll, in Verbindung.
Monika Schrickel war offenbar nicht nur von der Ästhetik der Darstellung von Zahlenfolgen, sondern auch von ihrer symbolischen Bedeutung, die zuweilen über die beschriebene mathematische Funktion hinausverweist, inspiriert. Die Künstlerin war sich bewusst, dass Zahlen die bestimmten Gesetzmäßigkeiten der irdischen Systeme zum Ausdruck bringen.
Vor diesem Hintergrund begann sie 2012 mit einem in ihrem künstlerischen Œuvre einzigartigen Werk. Im Großformat begann sie mit Zahlen „Zukunft“ zu schreiben. In monatelanger Arbeit entstand eine 4,60 m lange Bahn aus Japanpapier auf die mit blauer Tinte fortlaufend die Zahlen von 0 bis 19180 Zahlen schrieb.
Vor dem Mauerwerk des spätgotischen Sakralbaus schwingt das feinstoffliche Kunstwerk mit der Idee der Zahlenharmonie, die im Mittelalter nahezu allgegenwärtig war und als Ausdruck der göttlichen Harmonie und der kosmischen Ordnung galt. Das Werk wirkt im Raum wie eine bildnerische Polyphonie, die Betrachter*innen unwillkürlich in ihren Bann zieht, ganz so, als wolle es an den unaufhaltsamen Fluss der Zeit erinnern.
Peter Michael Lupp, Kurator
Zur Symbolik/Mystik der Zahlen
Im Gegensatz zum mathematischen Zahlenverständnis, bei dem Zahlen rein formale Funktionen haben, weist die Zahlenmystik bestimmten Zahlen darüber hinausgehende Bedeutungen zu. In Brauchtum, Mystik und Religion treten mit Bedeutsamkeit aufgeladene Zahlen als Symbol, als Metapher oder in der Struktur von Riten (bspw. Orakeln) oder Bauwerken auf. Diese Zahlen erhalten einen spezifischen Charakter, eine individuelle Qualität und Eigenschaften, etwa „männlich“, „weiblich“, „glückverheißend“ oder „heilig“, der je nach Kulturkreis durchaus variieren kann. Dabei werden oft auch Werturteile über Dinge auf mit ihnen verknüpfte Zahlen übertragen oder umgekehrt Werturteile über Zahlen auf die mit ihnen verknüpften Dinge.
Fast alle zahlensymbolischen Systeme betrachten die einstelligen Zahlen von Eins bis Sieben sowie die Zehn. Dies dürfte auf die Mondphasen und die daraus abgeleiteten kulturellen Konventionen wie die Siebentägigkeit der Woche zurückgehen. Die Zahl zehn ist auch grundlegend für das Dezimalsystem, ausgehend von der Zehnfingrigkeit der Hände.
Zahlensymbolik ist weltweit in zahlreichen Kulturen und Religionen verbreitet. Vor allem im Mittelalter strebten Verfasser wissenschaftlicher Texte gemäß Konrad Goehl oft eine Zahlenharmonie und Zahlenharmonie an. Die erste und umfassende Systematik der abendländischen Numerologie auf der Grundlage symbolischer Bibelexegese wurde im ausgehenden 16. Jh. von Pietro Bongo erarbeitet.